„Natur Natur sein lassen“ ist das Motto des Nationalparks Bayerischer Wald. Mit einigem Glück hatten wir noch zwei freie Plätze für ein Pilzseminar in Regen ergattert und machten uns aus dem heimischen Niederbayern auf in den Bayrischen Wald und es gibt wohl kaum einen schöneren Ort für ein herbstliches Pilzseminar. Wir haben viel gelernt aber genauso viel gelacht und Spaß gehabt (Vielen Dank an Karin, Frank und Georg; wer sich für das Pilzseminar interessiert wird unter www.schwammerlsuche.de fündig).



Auch die Führung von Waldführerin Gabi durch den Nationalpark war ein echtes Highlight mit wunderschönen Impressionen in ein nahezu unberührt belassenes Ökosystem mit einzigartiger Fauna und Flora. In der kurzen Zeit konnten wir natürlich nur einige kleine Einblicke in dieses faszinierende Naturreservat bekommen aber schon diese haben uns nachhaltig fasziniert.





Darunter drei ganz seltene Pilzarten die kaum im übrigen Deutschland zu finden sind und daher auf der Roten Liste stehen: Der Tannenstachelbart und der Heidelbeerkammpilz. Vom „Duftenden Feuerschwamm“ sind weltweit nicht einmal 10 Fundorte bekannt, darunter einer im Nationalpark. Dem wohlriechenden Feuerschwamm sind wir leider nicht begegnet dafür aber den zwei anderen Pilzprominenten. Der nicht ganz so seltene, weil auch kultivierbare, Tannenstachelbart ist eine echte Schönheit und ist ein Folgezersetzer (Saprobiont) auf Weißtannen.

Auf den ersten Blick recht unscheinbar ist der Heidelbeerkammpilz (PHLEBIA ZENTRIFUGA). Aus der Nähe betrachtet ist er aber ein faszinierender Pilz und anscheinend so selten, dass ihn noch nicht einmal Wikipedia kennt J, kein Wunder braucht er doch bis zu 400 Jahre um einen passenden Standort zu finden (Seminarleiter Frank hat uns augenzwinkernd erzählt das der Heidelbeerkammpilz ein „echter Feigling“ ist und erst erscheint wenn alle anderen Pilze schon längst den abgestorbenen Baumstamm verlassen haben).

Mein persönliches Fachwort des Tages (eines unter vielen) war Guttationströpfchen. Diese entstehen wenn ein Pilz (nach menschlichen Maßstäben) einfach „vollgefressen“ ist. Überschüssiges Wasser gibt er dann durch die Guttation ab. Ich bin mir nicht sicher ob dieses für alle Pilze gilt, aber zumindest für einige Baumpilzarten und deren Tröpfchen kann man sogar probieren, sie schmecken etwas metallisch-bitter aber trotzdem nicht schlecht.


Auch über Bäume habe ich wieder einiges gelernt, so über die Entstehung von Krakenbäumen, Stelzenbäumen. Dieses sind Bäume die es ihrer Jugend nicht ganz einfach hatten. Zwar wurden sie nicht von ihren gleichaltrigen Kameraden gemobbt oder gar von Älteren gepiesackt, nein ihr Standort (alte Baumstümpfe oder Felsen) musste einfach umwachsen werden. Dabei entstehen bizarr-schöne Wurzelformationen die ich nicht müde wurde zu fotografieren.



Eine weitere Besonderheit sind die sogenannten Hunnenbärte die uns Franz erklärt hat. Franz hatte dieses nur bei Buchen vorkommende Kuriosum auf einer Jagdexkursion vor ein paar Jahren kennengelernt. Dabei entstehen an den Abbruchstellen von Ästen Narben, welche stets die charakteristische Form von Hunnenbärten zeigen.

Ein wirklich schöner Ort für eine Pause im Bayrischen Nationalpark ist das „Schwellhäusl“, eine ehemalige Trifterklause, die schon 1828 für die hartarbeitenden Waldarbeiter errichtet wurde. Eine süffige Spezialität des Schwellhäusl ist das „Bier vom Stoa“, das aus einem Felsstück gezapft wird …lecker!

Nach dieser zünftigen Erfrischung ging unser eigentliches Pilzseminar weiter. Und wir haben viel gelernt und gesammelt in diesen drei Tagen. Am Schluss waren es weit über 100 verschiedene Pilzarten die wir bestimmt hatten.

Darunter einige sehr gute Speisepilze die ich nicht kannte (Franz schon :-)) oder die wir in unserer Gegend noch nicht gefunden haben. Aber auch zahlreiche ungenießbare oder gar tödlich giftige Pilze die nicht weniger faszinieren sind wie ihre essbaren Verwandten.


Gerade die Baumpilze sind äußerst schöne Fotomotive sind aber auch sonst nicht uninteressant. So wird der „Flache Lackporling“ auch Malerpilz genannt, da man auf seiner weisen Unterseite wie auf einer Schiefertafel malen kann, da sich an den Druckstellen die Pilzporen dauerhaft schwärzlich verfärben. In Amerika gibt es sogar eine Art Volkskunst welche die „Artist’s Conk“ mit detaillierten Naturmotiven „bemalt“, dass sieht dann ein bisschen aus wie ein Kupferstich.

Auch der Zunderschwamm ist ein Faszinosum. Schon in Urzeiten benutzte man den Zunderschwamm zum Feuermachen, so trug auch Ötzi einen Zunderschwamm bei sich. Er wurde aber auch als blutstillende Wundauflage genutzt „Fungus chirurgorum“ und war daher lange Zeit ein viel gesuchter Pilz. Interessant ist, dass man durch ein recht aufwendiges Verfahren aus dem Pilz ein lederartiges Material gewinnen kann, aus dem traditionell Hüte und Taschen hergestellt wurden. Wie uns Waldführerin Gabi erzählte werden diese heute nur noch in Rumänien hergestellt eigentlich schade, ich hätte gerne eine Pilz-Tasche!!!

Auch der Wollige Milchling, umgangssprachlich Erdschieber genannt, wir vor allem in Russland, der Ukraine und Bulgarien zubereitet, gilt er doch bei uns als ungenießbar. Hauptsächlich in Sibirien wird der Wollige Milchling ähnlich wie Sauerkraut zubereitet und damit essbar gemacht. Der Name Erdschieber kommt daher, dass der Fruchtkörper sich schon komplett in der Erde ausformt und dann aus der Erde „herausschiebt“. Daher sind diese oft beeindruckend wuchtigen Exemplare teils mit Erde und Laub bedeckt.

Natürlich haben wir auch essbare Pilze gesammelt. Meine Favoriten waren dabei in jedem Fall die Trompetenpfifferlinge (weil es so viele waren und sie eigentlich ganz leicht zu erkennen sind); die Mohrenkopf-Pilze (ein wunderschöner Pilz und einfach unglaublich lecker); die Totentrompeten (optisch wie schon der Name vermuten lässt kein besonders attraktiver Pilz aber geschmacklich sehr intensiv und gut zum trocknen geeignet), die Semmelstoppelpilze (sehr lecker, am besten entfernt man aber beim Putzen die Stoppeln, da er sonst etwas bitter schmecken kann). Hier eine kleine Auswahl unserer gefundenen Pilze, stilsicher auf blau/weis präsentiert :-):

Am letzten Tag des Pilzseminars haben wir uns dann aus den mitgebrachten Pilzen ein, auf Grund der Müdigkeit, sehr einfaches Pilzgericht zubereitet: Einfach nur die Pilze putzen, dann Zwiebel in Butterschmalz glasig dünsten, Pilze dazugeben und mindestens 5 Minuten braten, dann ca. 4-6 verquirlte Eier, die zuvor mit Pfeffer und Salz abgeschmeckt wurden, dazugeben und wie ein Omelett fertigbraten, am Schluss noch etwas Petersilie dazu … fertig. Dazu gab es Nudeln mit Walnuss-Pesto (Siehe Waldfrüchteverarbeitung) und ein einfacher Tomatensalat mit dem wunderbaren Bärlauch Essig den Franz im Frühjahr hergestellt hat.


Zum Pilze sammeln und zubereiten hier noch ein paar obligatorische Tipps: Nur Pilze ernten und verarbeiten die man 100% einwandfrei erkannt hat, wer sich nur ein bisschen unsicher ist, den Pilz stehen lassen oder einem geprüften Pilzsachverständigen vorlegen. Denn so lecker Pilze sind es gibt zum Teil viele giftige „Doppelgänger“ die im schlimmsten Fall zu tödlichen Pilzvergiftungen führen können (Das Reh dessen Schädel wir im Wald gefunden haben, hat wohl sicherlich keinen giftigen Schwammerl gefressen aber: „Memento mori“)

Sehr empfehlenswert zum Thema Pilze ist die Homepage www.123pilze.de und das dazu erhältliche Begleitbuch „1700 Pilze“ von Wolfgang Bachmeier.